Geschichte
Text von Jo Wyss
Einiges erscheint im Rückblick absurd. Anderes erstaunlich. So war ich von 1981 bis 1984 Kassierausbilder beim Schweizerischen Bankverein in Zürich. Es ging damals darum, sämtliche Kassiere umzuschulen. Die alten NCR-Kassenmaschinen wurden ausgemustert und durch ein computerbasiertes System ersetzt. Die Umschulungen dauerten pro Kurs zwei Wochen, die Ausbildung von neuen Kassieren erfolgte in Kursen von jeweils vier Wochen. Obwohl es damals bereits eine VSB gab, waren Sorgfaltspflichten in der Kassierausbildung absolut kein Thema. Mein Zugang zur VSB erfolgt auf einer ganz anderen Schiene: 1982 stand mit der "Bankeninitiative" eine eidgenössische Volksabstimmung an, welche den dunklen und unehrenhaften Machenschaften der Banken insgesamt, der Schweizerischen Kreditanstalt im Speziellen (Chiasso-Skandal), einen Riegel schieben wollte. Beim Bankverein Zürich arbeiteten damals 3'600 Mitarbeiter, davon in der Ausbildung etwa 30 vollamtliche Instruktoren. Werden heute zu Ausbildungszwecken PowerPoint-Präsentationen eingesetzt, so waren es zur damaligen Zeit Hellraumprojektoren. Ich habe mich damals als Folienproduzent hervorgetan und habe als solcher sogar auch Folien für den Direktionspräsidenten, bzw. für dessen Präsentationen erschaffen. Und als man in der Bank jemanden suchte, der eine Präsentation der Argumente gegen die Bankeninitiative erstellen sollte, war mein Name schnell im Spiel. Man gab mir eine VSB in die Hand und beauftragte mich, die Argumente der Befürworter der Initiative zu entkräften. Mein Erstkontakt zur VSB war nicht den Sorgfaltspflichten der Banken geschuldet, sondern dem politischen Kampf gegen die Bankeninitiative. Ich tingelte bald schon im Land umher und orientierte Bankmitarbeiter über die Nachteile der Bankeninitiative. Mit bemerkenswerten Folien. Als die Abstimmung gewonnen, die Initiative versenkt und ich wieder angehende Kassiere ausbildete, beantragte ich, im vier Wochen dauernden Kurs eine einzige Stunde zum Thema Sorgfaltspflichten einzusetzen. Der Antrag wurde abgelehnt und die Sorgfaltspflichten wurden beim Bankverein, zumindest solange ich da war, nicht zum Ausbildungsinhalt. Aber ich selbst hatte sie von da an im Kopf.
Auf meinen eigenen Wunsch hin arbeitete ich ab 1984 für den Bankverein Locarno. Das war ein kurzes Gastspiel. Bereits 1986 habe ich den Bankverein verlassen und versuchte mich als selbständiger Kassierausbilder bei allen möglichen Banken. Tätig war ich letztlich für verschiedene Regionalbanken, für die damalige GZB und die Migrosbank sowie für diverse Kantonalbanken bis nach Genf. Und die Sorgfaltspflichten waren mein Thema. Weil damals noch niemand die VSB so richtig institutionalisiert anwendete, war das für meine selbständige Tätigkeit ein Segen. Um sicher zu sein, ob meine Interpretationen und die von mir erfundenen Geschichten, mit denen ich die einzelnen Pflichten veranschaulichte, richtig waren, lud ich zu einer Ausbildungsveranstaltung bei der Gewerbebank Baden den für die VSB zuständigen Mitarbeiter der Bankiervereinigung ein. Das war Ende der achtziger Jahre und Andreas Hubschmid hatte seine helle Freude an mir - wohl weil ich damals der Einzige war, der mit diesem Thema hausierte und wohl auch, weil einige meiner Geschichten witzig und einleuchtend waren. Finde ich wenigstens. Auf jeden Fall blieb er mit mir in Kontakt, spielte mir Informationen und jede Menge an VSB-Büchlein zu.
Mit den EBK-RS 91/3 und 94/1 wurden die Banken anfangs der neunziger Jahre verpflichtet, "Geldwäscherei-Fachstellen" einzurichten. Die Aufgabe, welche heute durchwegs von Juristen wahrgenommen wird, wurde damals irgendeinem Mitarbeiter übertragen, der dafür geeignet erschien. Die meisten waren gelernte Bänkler wie ich. Sie kriegten eine VSB und die EBK-RS auf Tisch geknallt und wurden aufgefordert, das jetzt auch noch zu machen. Nebst der anderen Arbeit. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. "Compliance" ist ein Begriff, der erst viel später aufkam. Offenbar haben diese Fachstellenleiter die Bestimmungen ganz unterschiedlich interpretiert - was im Rückblick nicht zu erstaunen vermag; es war ja für alle ein ganz neues Thema. Diese unterschiedlichen Interpretationen missfielen offenbar sowohl der EBK als auch der SBVg. Jedenfalls kam 1995 Andreas Hubschmid auf mich zu und forderte mich auch, einen Kurs für Fachstellenleiter anzubieten. Er und die SBVg würden mich dabei in jeder gewünschten Art und Weise unterstützen. Das Ziel bestand darin, die Fachstellenleiter landauf landab auf eine einheitliche Doktrin einzuschwören. Meine Leistung bestand wohl darin, erkannt zu haben, dass diese Ausbildung kein Kurs sein konnte, wie ich sie bislang in den Banken erteilte. Es musste eine Plattform her für Gespräche und Diskussionen unter Beizug der Cracks der damaligen Zeit. Mit diesem Gedanken war das Forum geboren und fand 1995 erstmals in Zürich in einem Hotel an der Bahnhofstrasse statt. Die vier halbtägigen Veranstaltungen wurden je einmal von den Gästen Georg Friedli, Andreas Hubschmid, Martin Lüscher und einem Vertreter der FINMA begleitet. 1997 waren wir im Swisshotel in Oerlikon mit mehr oder weniger denselben Gästen. Zuzüglich Werner De Capitani. Von 1998 - 2002 waren wir im St. Gotthard, danach bis und mit 2019 im "au Premier".
Seit 2014 finden anstelle von vier halbtägigen Veranstaltungen zwei Tagungen statt. Nicht etwa, weil ich das wollte. Ich kriegte im au Premier einfach keine vier Daten im Wochentakt mehr. Ich war gezwungen, anstelle von Halbtagesveranstaltungen Tagungen anzubieten. Das kam gut an und vereinfachte auch einige Dinge für mich.
Im Jahr 2000 gab's das erste Forum in Genf. Es wurde von André Cuendet moderiert und fand in diesem Tim und Struppi Hotel beim Bahnhof statt. Von 2001 an waren wir dann ununterbrochen im Warwick. Letztmals moderierte André Cuendet im Jahr 2011. Seit 2012 leitet Ali Tammami die Veranstaltungen in Genf.
Viele Gäste trugen zu den einzelnen Veranstaltungen bei. Einige sorgten für Aufregung. Andere für Lacher. Gemeinsam ist allen, dass sie dazu beitrugen, die Sorgfaltspflichten und die Geldwäschereibekämpfung in Bezug auf Auslegung und Umsetzung der Bestimmungen zu konkretisieren. Nichts anderes war 1995 das Ziel von Andreas Hubschmid, als er mir die Aufgabe zuwies, die mein ganzes berufliches Leben geprägt und ausgefüllt hat. Vor vielen Jahren ging er in Pension. Dass es nun auch nach meinem Rückzug weiter geht, ist für mich und bestimmt auch für Herrn Hubschmid eine ganz besondere Freude.